Der Kreis des Selbst als Symbol für Lebensübergänge 

In den jahreszeitlichen Kreisläufen spiegeln sich die seelischen Wandlungsprozesse des Menschen wider: wir erblühen, reifen heran, verfallen und sterben

Die vier Himmelsrichtungen (vier Schilde) symbolisieren persönliche Wesenskräfte, mit denen wir uns der Welt zeigen und aus deren Blickwinkel wir auf das Leben schauen. Jeder Himmelsrichtung werden weitere Vierheiten wie z.B. die vier Elemente, vier Tageszeiten, aber auch vier Lebensalter des Menschen (Geburt, Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter) und zugeordnet. 

Die Qualitäten der Jahreszeiten werden auf die seelischen Qualitäten des Menschen übertragen und ermöglichen uns somit eine Orientierung. Mit der Perspektive der Lebensräder wird die Entfaltung des eigenen Potentials in den Spiegel des Laufs des natürlichen Lebens gestellt. 

Im Leben gehen wir immer wieder durch den Kreis – sowohl durch den großen Kreis unseres gesamten Lebens als auch durch den Kreis von Lebensabschnitten und durch Kreise in alltäglichen Situationen. Es ist sinnvoll für unsere Ganzheit, dass wir allen  vier Aspekten unseres Seins Raum geben – dass die Qualitäten ausgewogen sind und wir nicht einer Qualität den Vorrang geben.

Manchmal ist ein Schild zu wenig entwickelt, verwundet oder unterversorgt und braucht unsere besondere Zuwendung. Umgekehrt kann ein Schild auch überdominant werden. 

Der Kreis ist das Symbol der Ganzheit. Fügen wir die vertikale Dimension der Zeit hinzu, so wird er als Spirale zum Symbol unseres Wachstums und Reifeprozesses.

OSTEN – FRÜHLING – MORGEN SONNENAUFGANG – GEBURT

Im Frühling/Osten bahnt sich die Energie des Neuen an. Die Energie des Durchbruchs, Aufbruchs und der Zuversicht. Die Knospen an den Bäumen zeigen, dass das Leben langsam neu beginnt. Alles wächst ins Leben hinein.

Das staunende Baby in uns scheint „ganz“ zu sein. Verbunden mit den Menschen und der Umwelt.

SÜDEN – SOMMER – TAG – KINDHEIT

Im Sommer/Süden ist in der Natur alles kräftiger und grüner. Die Tage werden länger, es ist angenehm warm und Nahrung findet sich in dieser Jahreszeit überall. Das Kind in uns ist rundum versorgt. 

Die Lebensphase bedeutet mit Neugier, mit Spiel und Freude die Welt zu erkunden – sinnlich und körperlich. Wie in der Natur die Kräfte frei fließen, fließen auch beim Kind die Emotionen frei: Lachen und Weinen, Schmerz und Freude wechseln sich sehr schnell ab. 

Wenn in der Natur alles kräftig wächst, dann wird auch einiges überwuchert, dann wird gerungen um den eigenen Platz. Beim Kind gehört dies zur Entwicklung dazu. Der Erwachsene hingegen konkurriert mit anderen, um sich Vorteile zu verschaffen und „überleben“ zu können. Wenn er in einem Mangel ist, hungert er regelrecht nach der Befriedigung seiner Bedürfnisse. 

Wie können wir als Erwachsene Gefühle so ausdrücken, dass wir nicht mehr mit anderen konkurrieren und sie stattdessen mit einbeziehen? Wie können wir unser inneres Kind in unser Leben integrieren? Die Qualität des Sommers lädt uns ein, das lebendige und freudige Kind in uns zu nähren und zu fühlen, was ihm gut tut. Unser inneres Kind ist von Natur aus quicklebendig, voller Sinneseindrücke und Freude. 

HERBST – WESTEN – ABEND – JUGEND/PUBERTÄT

Im Herbst/Westen wird es kühler und das Laub verfärbt sich. Die Blüten haben sich zu Fruchtständen und neuen Samen entwickelt. Kerne, Nüsse und Früchte fallen zu Boden, damit daraus im nächsten Zyklus neues Leben entstehen kann. Es wird Zeit die Ernte einzufahren und für Vorräte zu sorgen, damit im Winter genug da ist. Sinnfragen werden gestellt: Wer bin ich? Was ist meine Bestimmung? Wie will ich leben?

Wir verkriechen uns wie die Natur, sind nachdenklich, melancholisch und traurig. Selbstzweifel und Leere wechseln sich ab mit tiefer Innenschau. Selbst durch die Tiefen gegangen zu sein und die dunklen Seiten angeschaut zu haben, lässt uns Mitgefühl für andere entwickeln. In dieser tiefen Innenschau entdecken wir eigene Ressourcen und erkennen unsere Gaben. So wird der Westen zum Ort der Wandlung. Wir sterben symbolisch, um in der inneren Dunkelheit zu erkennen, wer wir sind und wozu wir auf der Welt sind. Wir entdecken unsere Einzigartigkeit, können diese würdigen und so mit ihr in der Welt wirken.

WINTER – NORDEN – NACHT – ERWACHSENENALTER

Im Winter/Norden ist es lange Zeit dunkel. Die Energie in der Natur zieht sich zurück. Tiere verziehen sich in den Winterschlaf, Menschen verlagern ihr Leben nach innen. Das Fließen verlangsamt sich hin zur Erstarrung in den gefrorenen Seen. Nun zeigen sich die Konsequenzen des eigenen Handelns: Wer im Herbst nicht vorgesorgt hat muss nun darunter leiden. 

Im Norden geht es darum Verantwortung zu übernehmen, eigene Fähigkeiten weiterzugeben und die eigene Lebensaufgabe in die Welt zu tragen. Wir werden geprüft, ob wir unsere Lebenskompetenz und unser Potential hineingeben in das Leben oder ob wir weiter in Selbstzweifeln versinken. Tun wir das für die Gemeinschaft, was uns entspricht bzw. was getan werden muss? Die Qualität des Nordens und des Winters ist daher auch die mitfühlende soziale Verantwortung, die Kommunikation und die Teilhabe. Wir sind innerlich frei geworden und haben die Fragen losgelassen, wer uns noch etwas schuldig geblieben ist. Wir handeln aus dem Herzen und schenken unsere Liebe anderen. Es herrscht eine Balance zwischen Geben und Nehmen. Ist dies nicht der Fall, dann scheinen wir nichts zu brauchen bzw. nur geben zu wollen. Wir opfern uns für andere auf, bis wir in der Lebensmitte regelrecht ausgebrannt sind.

Im Idealfall entwickelt sich die Kraft einer/eines weisen Ältesten an die/den sich jüngere Menschen wenden können.