„Naturtherapie ist ein von Wernher P. Sachon begründetes spezielles therapeutisches Verfahren, das den Erlebensraum Natur in die Psychotherapie integriert und dafür spezielle Instrumente und Methoden entwickelt hat. Die Naturtherapie, wie sie in den Naturtherapie-Zentren praktiziert wird, hat ein breites Spektrum an Indikationen. Sie ist angezeigt, wenn es darum geht, Prozesse der Erweiterung, Stärkung (Resilienz) und Reorganisation des Selbst zu fördern, inneres Wachstum und persönliche Entwicklung wieder in Gang zu bringen, Lebensübergänge und -krisen zu bewältigen, Genesungs- und Heilungsprozesse zu unterstützen und in meditativen Praxen Haltungen der Zentriertheit, der Gelassenheit und Achtsamkeit zu üben. Naturtherapie ist nicht nur präventiv wirksam, sondern auch ein hilfreiches Ergänzungsverfahren im klinischen Bereich, etwa bei Burnout, depressiven Störungen, Identitätsproblemen, in der Psychosomatik, nach schweren medizinischen Eingriffen u.a.. Als entwicklungsorientiertes therapeutisches Verfahren ist Naturtherapie besonders geeignet zur phasenspezifischen Begleitung von Kindern, Jugendlichen und auch alten Menschen.
Dabei geht es immer darum, den Menschen wieder in seiner eigenen Natur rückzubinden und in der Schicht des Lebens, in seiner Instinktnatur und Kreatürlichkeit zu verwurzeln. Durch die Befreiung unserer Natur können die selbstregulativen Prozesse unseres Organismus, die oft durch ein übermächtiges konstruierendes Ichbewusstsein behindert sind, wieder in Gang kommen und entscheidend dazu beitragen, zu einem gesunden psycho-somatischen Gleichgewicht zurückzufinden und dabei auch ein vollständigerer Mensch zu werden.

Der Therapieansatz

Naturtherapie ist entwicklungs- und beziehungsorientiert. Im Feld der großen psychotherapeutischen Schulrichtungen sind wir einer tiefenpsychologisch fundierten (z.B. Kohut, Jung) und existenziell-humanistischen (z.B. Dürckheim, Yalom) Ausrichtung zugehörig. Die therapeutische Beziehung ist der maßgebliche Bezugsrahmen für unsere Arbeit. Sie gibt Halt und Sicherheit und stellt einen offenen Raum für das dialogische Gespräch und das Erzählen und Ausloten der beim In-der-Natur-Sein gemachten Erfahrungen zur Verfügung. Wir unterstützen unsere Klienten dabei, in einen offenen und empfänglichen Zustand zu gelangen, der Natur und auch sich selbst gegenüber. Der therapeutische Modus der Naturtherapie ist nicht ‚Behandlung‘ oder ‚Training‘, sondern die ‚Begleitung‘ – eine Art der nicht-direktiven und unterstützenden personalen Beziehung auf einem Weg, auf dem wir als Therapeuten zwar der fachkundige Teil, jedoch als Menschen mit unseren Klienten ‚gemeinsam Reisende‘ (Yalom) sind.

Im Freien

Das therapeutische In-der-Natur-Sein ist vor allem eines: Ein Schritt ins Freie – wir lösen uns aus unserer alltäglichen Welt mit ihren Forderungen und Zwängen. Das Draußensein in naturnahen Landschaften wird so zu einem Freiraum, einem offenen Erlebensraum, zu einem ‚Schwellenraum‘. Wir folgen beim zielfreien Umherstreifen durch die Wälder, Fluren und Felder unserem Interesse und seiner frei schweifenden Aufmerksamkeit. So erhält auch unsere Seele wieder Spielraum für Bewegungen, die im Getriebe unseres Lebens in der technischen Zivilisation kaum mehr eine Chance haben, von uns bewusst erlebt zu werden. In dieser Verfassung des ‚Wegseins‘, des Freiseins von den Forderungen der Welt und des eigenen Ichs, sind wir besonders veränderungsbereit. Wir sind auch besonders empfänglich nicht nur für die physiologischen Einwirkungen, sondern auch für die seelischen Eindrücke der Natur: Für den inneren Widerhall, das Resonanzgeschehen, das sie in uns auslösen. In diesem mitschwingenden und mitklingenden Zustand wird auch unser vitaler psychische Kern, unser Kernselbstempfinden belebt und oft auf ganz neue Weise erfahrbar. Ein Sonnenuntergang im Spätherbst taucht eben nicht nur die Landschaft, sondern auch unser Selbst in ein güldenes Licht. Visionen unseres eigenen Lebens, Lebensträume, die wir schon vergessen haben, tauchen in diesem Licht wieder auf und wir können sie jetzt freundlich empfangen und schauen, was sie für uns heute bereithalten. Das Erleben von Menschen in der Natur in solch einer empfänglichen und resonanzfähigen Verfassung ist oft voller persönlicher Bedeutung, wird zum Symbol, das es dann zu verstehen gilt, wenn es sein sinnstiftendes, wandelndes oder heilsames Potenzial entfalten soll.

Erholung

Wirkliche Erholung (engl. recreation) ist seinem Wesen nach ein schöpferischer Prozess, ist Regeneration, Reorganisation unseres Selbst. Das Schöpferische ist ein Wesenszug der Natur. Erholung in diesem Sinn können wir durch Aktivitäten unseres Ichs zwar behindern oder fördern – herstellen, konstruieren können wir sie jedoch nicht. Sie erfordert von uns vielmehr eine Haltung der Gelassenheit – ich lasse mich selbst sein. Das ist die Grundvoraussetzung für Erholungsfähigkeit, für die Fähigkeit zur Regeneration an Leib, Geist und Seele. Wir erkennen wirkliche Erholung vor allem daran: Die Dinge ordnen sich wieder, unsere zentralen Bestrebungen und Prioritäten werden uns wieder deutlich. Unser Kernselbstempfinden rückt wieder in das Zentrum unserer Psyche, kann wieder zur orientierenden Mitte unseres Daseins und unseres Lebens werden. Das ist qualitativ eine andere Erfahrung als ein vorübergehender Zustand des Wohlgefühls und der Entspannung. Erholungsprozesse in diesem Sinn benötigen offene und freie Erfahrungsräume, benötigen Spielraum für die reorganisierenden Bewegungen des Selbst.

Naturspiritualität

Naturspiritualität zu entwickeln ist kein therapeutisches Ziel. Wenn Menschen jedoch ernsthaft Wandlung und Heilung anstreben, dann werden sie im Erlebensraum Natur oft ganz von selbst mit einer religiösen bzw. spirituellen Dimension des Menschseins in Berührung kommen. Das lateinische ‚natura‘ heisst Geburt, die ‚natura naturans‘ ist die schaffende, die schöpferische Natur, der ewige und zyklische Prozess des Geborenwerdens und Sterbens und Geborenwerdens. Wenn wir selbst mit diesem Prozess wieder in Berührung kommen, etwa im tiefen Miterleben der jahreszeitlichen Rhythmen und Zyklen, wenn wir wieder mitschwingen im Kreis der Natur, dann kann diese Tiefendimension des Menschseins wieder aufscheinen. Für manche Menschen ist es auch die Erfahrung der Stille, der unmittelbar erlebten Präsenz des Seins der Natur, die uns diese transzendente Dimension unseres Daseins wieder erschließt.
Vertrauen wir uns selbst dem Wirken der großen schöpferischen Natur wieder an, dann empfinden wir ein Kreaturgefühl, das Gefühl, selbst ein Geschöpf zu sein. Darin drückt sich keine Entmündigung unseres Ichs aus, sondern eine wiedergewonnene Verbundenheit mit dem großen Schöpferischen der Natur, mit der Quelle, die uns einst ins Leben getragen hat. Solche Erfahrungen, die Abraham Maslow ‚Peak-Experiences‘, Karlfried Graf Dürckheim ‚Seinserfahrungen‘ nannte, sind geeignet, uns auch im Alltag immer wieder daran zu erinnern, dass unsere Existenz untrennbar in eine Dimension eingebunden ist, die das bloße Funktionieren in und mit der Welt übersteigt. Eine gewisse Gelassenheit mag sich bei dieser Gewissheit einstellen – die Dinge können von daher immer wieder in eine Ordnung kommen. Deshalb bewundern wir die menschengemachten Werke der Technik zwar – aber die Werke der Natur verehren wir.“ (Dr. Wernher P. Sachon, Februar 2021, Naturtherapiezentren hier klicken)